In welches Klima gingen die Synodalen?

Der Chefredakteur der Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt, Michael Heberling, schrieb in seinem Editorial mit der Überschrift „Vergiftetes Klima“ u.a. …“Die Wortwechsel im Vorfeld der zweiten Vollversammlung… haben wenige Tage vor deren Beginn allerdings eine Schärfe angenommen, die selbst wohlmeinendste Beobachter einigermaßen fassungslos machen muss. Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, selbst Synodale und bekanntermaßen mit dem Vorgehen der Versammlung und den bislang diskutierten Inhalten so unzufrieden, dass er auf einer eigenen Plattform eine Paralleldiskussion führt… Sein Vorwurf, der ‚Synodale Weg‘ versuche, entsprechend einer Hermeneutik der Vielfalt ohne Dogma, die katholische Kirche nach dem Vorbild evangelischer Kirchenordnungen umzugestalten… Dass der ‚Synodale Weg‘ eine Instrumentalisierung des Missbrauchs betreibe und kritiklos Missbrauchsstudien dogmatisiere, muss man als eine Unterstellung gröberer Art betrachten. Das leugnet Anlass und Begründung, mit der die Bischöfe selbst den Prozess des ‚Synodalen Wegs‘ für notwendig erachtet und initiiert haben. An diesem Punkt der vergifteten Auseinandersetzung angekommen, scheint es fast unmöglich, dass die Versammlung fruchtbringend arbeiten kann.“

Für Heberling geht es gemäß cancel culture darum, jemanden (Bischof Voderholzer) zum Schweigen zu bringen, andere Positionen will man nicht hören müssen.

 

Der Passauer Bischof Stefan Oster äußerte (Passauer Bistumsblatt, 10.10.21): „Die Atmosphäre war gut“… Dennoch hat sich Bischof Oster in der ‚kuriosen Lage‘ befunden, ‚dass er „die geltende Lehre der Kirche aus tiefer persönlicher Überzeugung bejahen und vertreten kann, aber mich letztlich damit – auch unter den Bischöfen – in einer deutlichen Minderheit befinde. Kurios empfinde ich das deshalb, weil wir Bischöfe mit der Hand auf dem Altar versprochen haben, die Lehre der Kirche zu lehren und zu verteidigen – und dem Papst zu folgen“…Was den Ausgang des ‚Synodalen Weges‘ in Deutschland angeht, bleibt Bischof Stefan Oster skeptisch: ´“Wir werden am Ende des Synodalen Weges Texte haben, die in Rom mit einiger Sicherheit nicht angenommen werden. Was dann kommt, kann ich wirklich nicht vorhersagen“.

Eine „gute Atmosphäre“ haben nicht alle Teilnehmer empfunden. Der Bischof von Eichstätt Gregor Maria Hanke äußerte (Kirchenzeitung der Diözese Eichstätt 10.10.21): Schwierig für ein respektvolles miteinander „sei es“ hingegen, „rote Karten im Plenum zu zücken, wenn bestimmte Redner zu Wort kommen oder gar bei Redeinhalten, die einfach die kirchliche Lehre abzubilden versuchen“. Hanke fragt, „ob wir Wandel durch Umbau von Strukturen und Entscheidungsebenen in der Kirche gestalten wollen oder ob wir durch Umkehr, durch Vertiefung der Jüngerschaft… einem neuen Geist des Miteinanders Raum geben wollen, der dann Strukturen verwandelt und prägt“. Dr. Bettina-Sophia Karwath, zuständig für Fort- und Weiterbildung im Bistum war erstaunt „über den rüden Ton“ in manchen Debatten. Ein weiterer Delegierter des Bistums, Dr. Christian Klenk registriert, dass in den sozialen Medien „ein sehr rauer Tonfall herrscht und Andersdenkende auch persönlich diffamiert werden“. Zum „Synodalen Weg“ in Frankfurt… „Es gab auch Momente, in denen die Stimmung gekippt ist“. Nachdenklich macht ihn „dass nicht alle synodalen Mitglieder bei der gemeinsamen Eucharistie mitgefeiert haben“.

Die in Verbänden organisierten deutschen Katholiken – sie bilden unter den Synodalen die große Mehrheit der 216 Delegierten“, stimmten über dreizehn der vorliegenden sechzehn Papiere ab. Kein Text wurde abgelehnt, alle erhielten eine hohe Akzeptanz von rund 180 zu 30 Stimmen.

Ludwig Ring-Eifel (KNA) äußert (Passauer Bistumsblatt 10.10.21) „Die Mehrheitsverhältnisse bei der zweiten Synodalversammlung waren sehr konstant. Einer konservativen Minderheit von 30-40 Delegierten, die in fast allen Abstimmungen deutlich unterlag, stand eine reform-orientierte Mehrheit von 160 bis 170 Stimmen gegenüber. In dieser Gruppe wiederum gab es eine radikale Minderheit von etwa 40 Delegierten, die in Einzelfällen auch für noch weitergehende Reformideen stimmten“.

Die Gruppe, die an der Lehre der Kirche festhielt betrug rund 15% der Delegierten. Die Abstimmungsmehrheit lag erheblich über der Zweidrittelmehrheit (154).

 

Worüber stimmten die Delegierten ab?

„Neben Tradition und Lehre rücken die ‚Zeichen der Zeit‘ immer mehr in den Vordergrund“ (konradsblatt, 10.10.21). Die Texte bezogen sich auf die vier Foren des „Synodalen Prozesses“: „Macht und Gewaltenteilung“, „Priesterliche Existenz“, „Frauen in Diensten der Kirche“, „Leben in gelingenden Beziehungen“. Im Einzelnen: „u.a. sollen die Gläubigen ein Mitspracherecht bei Bischofswahlen erhalten und ein synodaler Rat von Bischöfen und Laien eingerichtet werden“. Er könnte dann über die Umsetzung der Beschlüsse wachen. Die Delegierten stimmten auch darüber ab, „ob der Fokus auf Evangelisierung stärker in der Präambel des ‚Synodalen Weges‘ betont werden sollte“. Das Ergebnis war 94 Ja-Stimmen, bei 86 Gegenstimmen und 15 Enthaltungen. Der Vorsitzende der DBK Bätzing und der Präsident des ZdK Sternberg betonten, der „Synodale Weg“ wolle keine „Deutsche Nationalkirche“ gründen. Vor der Presse sprach aber Bätzing von einer „Deutschen Kirche“, statt von einer „Kirche in Deutschland“. Die Delegierten stimmten auch darüber ab, ob die Frage zugelassen werden solle, ob es „das Priesteramt überhaupt braucht“. Dafür stimmten 95, dagegen 94. 9 enthielten sich der Stimme. Dazu Bätzing: „Es ginge dabei beileibe nicht um eine Abschaffung des Priesteramtes“. „Umstand sei, dass   cdie Stellung des sakramentalen Amtes des Priesters angefragt ist durch die Missbrauchskrise und auch durch den Mangel an Priestern“. Der Grundlagentext des Forums „Leben in gelingenden Beziehungen“ wurde mit der Mehrheit von 168 Ja-Stimmen, bei insgesamt 214 Teilnehmern angenommen, obwohl er die Sexualmoral als überholt erklärt (Deutsche Tagespost, 07.10.21). Diese Textvorlage sieht auch die Segnung homosexueller Paare vor. Für den Bundesvorsitzenden der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Gregor Podschun war „der Beschluss, an dem Alleinstellungsmerkmal der sakramentalen Ehe als Lebensbund allein zwischen Mann und Frau festzuhalten… eine große Enttäuschung“ (Kirchenzeitung für das Bistum Eichstätt 10.10.21). Ein Antrag forderte das Predigtrecht für theologisch gebildete Laien zu öffnen. Auch Bischöfe sprachen sich dafür aus.

Die sexuellen Missbrauchsfälle hätten „systemisch begünstigende Faktoren für Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche gezeigt und die Notwendigkeit, die kirchlichen Strukturen auf Fragen von Macht, Leitung und deren Kontrolle zu untersuchen (konradsblatt, Nr. 41, S. 6). Dazu äußerte Bischof Voderholzer: „Was ich ablehne, ist eine Emotionalisierung und das unfehlbare Lehramt der Betroffenen.“ Mehrere Synodale verwahrten sich gegen diese Wortwahl, auch der Essener Bischof Franz Josef Overbeck… „Wir sind Volk Gottes und können nur Licht der Welt sein, wenn wir mit den Tränen und den schwierigen Lebenssituationen so vieler Betroffenen ernst umgehen, deshalb kann man auch vom Lehramt der Betroffenen sprechen. Es ist die Lehre, die sie in die Nähe Jesu rückt. Dieses ist das einzige wirklich unfehlbare Lehramt“.

Die Beschlüsse der Frankfurter Versammlung müssen noch in den kommenden Synodenversammlungen in zweiter und dritter Lesung verabschiedet werden. Nach den Regeln können die Bischöfe mit einem Drittel ihrer Stimmen (Sperrminorität) jede Vorlage am Ende zu Fall bringen. Es ist zu hoffen, dass eine Sperrminorität den Weg der katholischen Kirche in Deutschland nach Absurdistan stoppen kann.