Die derzeitige Situation der Kirche in Deutschland ist recht präzise im Papier beschrieben, das am Ende des letzten Ad-Limina-Besuchs der Deutschen Bischöfe in Rom verteilt wurde. Jeder, der mit der Kirche mit lebt, wird es kennen. Zweifellos kam durch die Frage der richtigen Interpretation von Amoris laetitia zusätzliche Verwirrung, auch unter loyale lehramtstreue Katholiken. Das Ergebnis ist eine babylonische Sprachverwirrung.

Wir wollen die Situation der katholischen Kirche in Deutschland nicht weiter auswalzen. Wer sie kennen will, kennt sie. Tatsache ist, dass die Situation bedrückt, lähmt und viele entmutigt. Resignation und Endzeitstimmung kommen auf, was schwindet sind Hoffnung und Freude an der Arbeit für die Kirche. Aus diesem Tal wollen wir herauskommen und eine neue Dynamik in der Evangelisierung zurückgewinnen. Es geht uns nicht um Aufbruchsrhetorik, die Aufmerksamkeit und eine Strohfeuerbegeisterung auslöst sondern um eine wirkliche Zukunftsperspektive. Der Auftrag Christi an uns: Licht auf dem Berg und Salz der Erde zu sein, gilt ja weiterhin.

In der Situation, in der wir stehen, ist es gut, sich bei einem erfahrenen Hirten, der selber nie aufgegeben hat, Rat und Aufmunterung zu holen. Das haben wir im Gespräch mit Kardinal Meisner am 7. März in Köln erfahren.

Denn es besteht schon die Gefahr, dass wir uns in der „Abstiegszone“ irgendwie einrichten und pflichtmäßig das übliche Arbeitspensum erledigen – schließlich will man ja ein gutes Gewissen haben. Aber mit bloßer Routine haben die wahren Reformer in der Kirche noch nie eine Wende herbeigeführt.

Wir sind ja alle einmal mit der Vision angetreten, positiv etwas zu verändern und der Kirche und den Menschen in unserer Gesellschaft zu dienen.

Wir vertreten keine Massenbewegungen, eher Initiativen und kleine Gemeinschaften und Gruppen, die aber als „kreative Minderheiten“ etwas bewirken wollen – mit Einsatz und mit der Hilfe Gottes. Ich erlaube mir aus dem Grußwort von Kardinal Meisner an den Kongress „Freude am Glauben“ mit dem Motto „Hab keine Angst du kleine Herde“ eine Passage zu zitieren, die das Gesagte unterstreicht:

„Fürchte dich nicht du kleine Herde meint, der Christ kann nicht allein leben und arbeiten. Er braucht die Gemeinschaft, wie der Text sagt, die kleine Herde. Und der Herr sagt ausdrücklich: ‚Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen‘ (Mat 18,20). In der Kraft dieser Gegenwart Christi gilt uns das Wort: ‚Fürchte dich nicht du kleine Herde‘. Hier wird der eine für den anderen oder die eine für die anderen zur Garantie für die Gegenwart des Herrn in seiner Kirche für die Welt“.

Wir haben alle durch Taufe und Firmung einen Auftrag für unsere Kirche und für die Menschen in unserer Gesellschaft. Schließlich erinnert uns das größte Gebot der Gottes- und der Nächstenliebe daran. Wir können uns nicht auf dem Balkon der Geschichte bequem zurücklehnen und auf das schauen, was die da unten auf der Bühne treiben.

Was ist zu tun? Von Adolf Kolping stammt das Wort: „Die Nöte der Zeit werden euch zeigen, was zu tun ist.“ Es wird gerne zwischen neuen und alten geistlichen Gemeinschaften unterschieden. Besser wäre es, zu unterscheiden zwischen solchen, die die aktuellen Probleme aufgreifen und solchen, die sich nur um die annehmen, die sie einmal vor vielen Jahren aufgegriffen haben.

Wir können gemeinsam mit der Hilfe Gottes viel erreichen. Lasst uns das mit neuem Schwung versuchen!

Nach Gesprächen über die kirchliche Situation u.a. mit Kardinal Meisner, Kardinal Cordes und Prof. Münch haben wir nachstehenden Aufruf verfasst:

Christus ist der Herr – wir sind seine Jünger

Neuheidentum und Wertverlust breiten sich in unserer Gesellschaft rasch aus. Die Volkskirche gehört der Vergangenheit an. Es geht um das Überleben des Christentums in unserem Land. Gleichzeitig nimmt die Ausbreitung des Islam in unserer Gesellschaft zu. Die Folge ist eine stärkere Polarisierung. Es wird immer schwieriger, sich dem Einfluss der Medien zu entziehen. Gefragt ist der christliche Mitläufer, der es nicht so genau nimmt. Vor allem in den neuen Medien schlägt dem Gläubigen oft eine feindselige Stimmung entgegen. Wahrheit ist längst nicht mehr die Richtschnur der Mediengesellschaft. Es herrscht das Diktat des Relativen. Die Jünger des Pilatus propagieren grenzenlose Freiheit und Spaßgesellschaft. Auch in der Kirche macht sich dies breit. Unauflöslichkeit der Ehe? Ein nettes Ideal. Keuschheit vor der Ehe? War gestern. Kommunionempfang ohne Beichte? Tun doch alle. Die Realpräsenz bekennen und predigen? Nur nicht übertreiben. Vertrauen in die Gottesmutter empfehlen? Nur im kleinen Kreis. Hirtenwort gegen den Genderwahn? Hat Zeit. Bischöfe kommen gut weg, solange sie sich mit dem Mainstream gemein machen.

Angesichts des anschwellenden Mainstreams und der Vereinzelung der Christen stellt sich die Frage: Wohin treibt die Kirche in Deutschland? Wer gibt ihr Halt?

Das Versprechen Christi an Petrus: „Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen“ gilt der Gesamtkirche, aber nicht für jedes Land.

Die geistlichen Familien und Gemeinschaften sind Inseln im Strom. Wenn sie zueinander Brücken bauen, kann ein Damm entstehen. Eine Gruppe oder Gemeinschaft allein wird den Damm nicht errichten können. Es braucht viele mit Standfestigkeit.

Dies ist ein Appell an alle Besorgten, mit anzupacken beim Deichbau. Christus ist der Herr. Jede Gemeinschaft folgt ihrem Charisma. Aber alle, die zur Kirche und zum Glauben der Kirche stehen wollen, sollten gemeinsam davon Zeugnis geben und hin und wieder zusammenkommen. Ein solches Treffen muss gemeinsam vorbereitet werden. Wir wären Ihnen deshalb dankbar, wenn Sie uns Ihr Interesse an einer solchen Zusammenkunft mitteilen würden.

Wir haben die Wahl: Entweder wir machen jeder in einer Nische weiter, oder wir sammeln uns, tauschen uns aus und zeigen der Welt, das die Kirche lebt und dass

Neuevangelisierung auch in Deutschland möglich ist.

Nachdem sich Kardinal Meisner bereit erklärt hatte für ein Gespräch mit Gemeinschaften zur Verfügung zu stehen, haben wir zu einem Treffen für den 7. März nach Köln eingeladen. Daran nahmen 26 Vertreter von 16 Gemeinschaften und Initiativen teil und tauschten sich über ihre Arbeit aus. Außerdem wurde über Möglichkeiten einer Vernetzung und Kooperation, sowie über einen gemeinsamen Auftritt gesprochen. Weitere Gemeinschaften und Initiativen, die zu einer Kooperation bereit sind, sind eingeladen sich dem Netzwerk anzuschließen.

Einige Passagen aus den Protokollnotizen von Hans Schwanzl können einen Einblick in das Gespräch vermitteln:

Zum Treffen wurde von Prof. Dr. Hubert Gindert, dem 1. Vorsitzenden und Sprecher des Forums, nach Absprache mit S.Em. Kardinal Meisner, eingeladen. Zielsetzung war die Erörterung einer künftigen, jedenfalls punktuellen Zusammenarbeit zur Förderung eines Neuaufbruchs im Glauben.

Kard. Meisner wies in seiner Einführung darauf hin, dass unsere Kirche, die Kirche des Herrn ist und gemäß dessen Zusage nicht untergehen wird. Gleichzeitig sagte der Kardinal, dass der Glaube in unserem Volk und unserer deutschen Teilkirche so stark geschwunden sei, dass Bemühungen um eine Neuevangelisierung dringend notwendig seien. Er lobte ausdrücklich die Kongresse „Freude am Glauben“ und verwies darauf, dass es Gottes Freude sei, bei den Menschen zu sein. Gleichzeitig sagte der Kardinal, dass es verständlich ist, wenn die noch gläubigen Christen, in Anbetracht der hiesigen Glaubenskrise, nicht ständig jubilieren würden. Der Kardinal freute sich über die in den Vorstellungen der Teilnehmer zum Ausdruck gekommenen Bemühungen um die Glaubensweitergabe und –Stärkung.

Bei den Wortmeldungen der Teilnehmer überwog eindeutig die Meinung, dass die Kongresse „Freude am Glauben“ in ihrer bisherigen Konzeption beibehalten werden sollten. Es wurde gesagt, dass die Kongresse vielen Menschen Orientierung und Glaubensstärkung bieten und auch durchaus von den Medien beobachtet werden, obwohl sie die Veranstaltung nicht unterstützen und sogar tabuisieren (Liminski).

Herr Liminski plädierte auch für eine ständige Internetpräsenz und eine kontinuierliche Berichterstattung z.B. durch Newsletters in denen regelmäßig über die gemeinsamen Bemühungen um einen Neuaufbruch im Glauben berichtet wird.

Alexandra Maria Linder, die Vorsitzende von ALfA e.V., regte die Einladung von Promis aus der Musikszene an, um Jugendliche für die Teilnahme am Kongress zu gewinnen. Sie empfahl ferner, dass alle anwesenden Gemeinschaften und auch das Forum sich am jeweiligen Katholikentag beteiligen sollten, damit verdeutlicht wird, dass es sich vorwiegend um eine katholische Veranstaltung handelt. Außerdem schlug Frau Linder eine bessere Vernetzung vor und die Bekanntmachung von Aktivitäten in einem gemeinsamen Verteiler.

Diakon Bernhard Bäumler von der Marianischen Bewegung „Königin der Liebe“ betonte, dass Maria der stärkste Widerpart Satans sei und deshalb die Weihe an ihr unbeflecktes Herz ganzer Diözesen sehr wichtig sei. Prof. Gindert verwies darauf, dass die Weihe der Teilnehmer bereits seit Jahren bei der Lichterprozession üblich ist.

Pfr. Wolfgang Marx von der „Neokatechumenalen Gemeinschaft“ hob die Notwendigkeit der Stabilisierung der Familien und der Ehen hervor, um damit auch Berufungen und die Wiedergewinnung der Praxis des Beichtens zu erreichen. Prof. Gindert verwies auf die sieben Priesterberufungen, die in vierzig Jahren aus dieser Gemeinschaft hervor gingen.

Mehrfach wurde auf die Wichtigkeit der Glaubensweitergabe verwiesen (u.a. von Christoph Blath und Math. v. Gersdorff vom Arbeitskreis von Kath. im Raum Ffm).

Frau Gabriele Harter von der KPE regte an, auf dem Kongress im Plenum zwischendurch auch gemeinsam zu beten oder einen Lobpreis zu singen.

Prof. Gindert bat abschließend die Teilnehmer darum ihm per Mail binnen zwei Wochen mitzuteilen, welche Wünsche sie an das Forum bezüglich einer künftigen Zusammenarbeit haben und versprach eine Antwort noch vor dem Osterfest, wenn diese Anregungen ihm spätestens in der genannten Zeit vorliegen. Ferner regte er an, sich nach dem Schlussgottesdienst des Kongresses am Nachmittag des 9. Juli 2017 in Fulda wieder zusammen zu setzen und über die Zusammenarbeit zu sprechen. Er beendete die Tagung mit einem Dank an S.Em. Joachim Kardinal Meisner und an alle Teilnehmer für das offene und konstruktive Gespräch und bat den Kardinal abschließend um ein gemeinsames Gebet und die Spendung von Gottes Segen für das Gelingen einer fruchtbaren Zusammenarbeit.“