Liebe Mitglieder des „Forums Deutscher Katholiken“,

zum Heimgang unseres verehrten und geliebten Papstes em. Benedikt XVI. hat unser Mitglied Frau Ursula Zöller einen Nachruf geschrieben, den ich allen Mitgliedern mit meinen guten Wünschen für eingesegnetes Jahr 2023 zur Kenntnis geben möchte.

In herzlicher Verbundenheit

Ihr Hubert Gindert

 

 

Bote unsterblicher Liebe – Auf Wiedersehen, verehrter lieber Papst Benedikt!

 

Es war ein Traum, der eigentlich nicht in Erfüllung gehen konnte. Zu Vieles sprach dagegen: der Hass, der dem Präfekten der Glaubenskongregation, den man auch Panzerkardinal nannte, schon lange entgegenschlug, die Tatsache, dass Joseph Kardinal Ratzinger Deutscher war und auch, dass der große Theologe noch so viele Bücher schreiben wollte.

Doch dann geschieht das Unwahrscheinliche: Weißer Rauch steigt an diesem 19. April 2005 über den Dächern des Vatikans auf, verkündet, dass die Christenheit einen neuen Papst habe und dann steht auf der Loggia des Petersdomes im weißen Gewand des Papstes Joseph Kardinal Ratzinger.

Mein Traum von dem künftigen Hirten unserer Kirche war wahr geworden. Es war einer der schönsten Tage meines Lebens.

Für Papst Benedikt war es wohl das Gegenteil. „Als langsam der Gang der Abstimmungen mich erkennen ließ, dass sozusagen das Fallbeil auf mich herabfallen würde, war mir ganz schwindelig zumute“ berichtet Benedikt später seinen Landsleuten. Er hatte geglaubt, sein Lebenswerk getan zu haben.

Am Tag seiner Amtseinführung sagt der Papst in seiner Predigt, ein Regierungsprogramm wolle er nicht vorlegen. Er wolle den Menschen Gott zeigen, denn erst „wo Gott gesehen wird beginnt das Leben richtig. …Wir sind nicht das zufällige und sinnlose Produkt der Evolution. Jeder von uns ist Frucht eines Gedankens Gottes. Jeder ist gewollt, jeder ist geliebt, jeder ist gebraucht.“ Und er prägt ein Wort, das zu einem wunderbaren Slogan geworden ist: „Wer glaubt, ist nicht allein!“

Mitarbeiter der Wahrheit will der Nachfolger Petri sein, den der Spiegel bald „Professor Papst“ nennt, der sich selbst aber nur als einfachen Arbeiter im Weinberg sieht. Nach den „großen“ müsse es auch „kleine Päpste“ geben – so tröstet er sich wohl selbst.

Diese Demut des großen Gelehrten, der einer der intelligentesten Denker des Abendlandes war, prägt sein ganzes Leben. Im Vorwort zum ersten Band seiner Bücher über Jesus von Nazareth bespielsweise schreibt der Papst, dieses Buch sei in keiner  Weise ein lehramtlicher Akt, „sondern einzig Ausdruck meines persönlichen Suchens `nach dem Angesicht des Herrn´(vgl Ps27,8). Es steht daher jedermann frei, mir zu widersprechen. Ich bitte die Leserinnen und Leser nur um jenen Vorschuss an Sympathie, ohne den es kein Verstehen gibt.“

Zwar staunt man noch über seine Enzyklika „Deus Caritas est“, die so gar nicht streng, sondern eher poetisch und doch richtungsweisend ist. „Am Anfang des Christseins“ erklärt er da, „steht nicht ein ethischer Entschluss oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt.“

Den erbetenen Vorschuss an Sympathie erhält der Papst kaum. Schnell macht sich die sprungbereite Feindseligkeit vieler Kritiker immer mehr bemerkbar.

Am Karfreitag 2005 hatte Joseph Ratzinger während des Kreuzwegs im Kolosseum den Missbrauch durch Priester in scharfen Worten verurteilt: „Wieviel Schmutz gibt es in der Kirche und gerade auch unter denen, die im Priestertum ihm ganz zugehören sollten.“

Fünf Jahre später klagt er in einem Schreiben jene Priester in Irland, die Kinder missbraucht haben, so an: „Ihr habt das Vertrauen, das von unschuldigen jungen Menschen und ihren Familien in Euch gesetzt wurde missbraucht, und Ihr müsst Euch vor dem allmächtigen Gott und vor den zuständigen Gerichten dafür verantworten.“ Die Bischöfe, die „bei der Anwendung der seit Langem bestehenden Vorschriften des Kirchenrechts zu sexuellem Misbrauch von Kindern bisweilen furchtbar versagt haben“ fordert er auf, mit den staatlichen Behörden zusammenzuarbeiten. Denoch wird dem Papst vorgeworfen, er habe im Kampf gegen den Missbrauchs versagt.

Sicher haben die ständigen Angriffe mit dazu beigetragen, dass Benedikt am 12.2.2013 seinen Rücktritt für den 28. Februar bekannt gibt. Er erklärt, dass sowohl seine körperliche als auch die geistige Kraft in den vergangenen Monaten derart abgenommen habe, dass er sein Umvermögen erkennen müsse, den ihm anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen.

Das letzte Mal spricht er öffentlich auf der mittleren Loggia des Apostolischen Palastes von Castel Gandolfo. Er sagt den vielen Menschen, die sich versammelt haben, um ihren Papst noch einmal zu hören, er sei nun nicht mehr oberster Hirte der katholischen Kirche. „Ich bin einfach ein Pilger, der nun die letzte Etappe seines Weges auf dieser Erde antritt. Aber ich möchte weiterhin, mit meinem Herzen, mit meiner Liebe, mit meinem Gebet, mit meinem Denken, mit allen meinen geistigen Kräften für das allgemeine Wohl, für das Wohl der Kirche und der Menschheit weiterarbeiten.“ Noch einmal segnet er die Menschen und bedankt sich. „Danke und gute Nacht! Danke euch allen!“ Er, den so viele als unnahbar und abgehoben betrachtet haben, er sagt an diesem letzten Abend seines Pontifikats, an diesem auch für ihn ganz besonderen Tag, schlicht Danke und gute Nacht!

An diesem Tag haben viele Menschen geweint. Dieser Abschied viel sehr schwer.

Was bleibt nach dem Tod dieses wunderbaren Papstes? Der Schatz all seiner Bücher, die für immer Wegweiser der Kirche sein können, die Klarheit seiner Gedanken und Worte, die Erinnerung an seine Freundlichkeit und sein manchal etwas scheues Lächeln, seine Zugewandheit und so unendlich viel mehr. Es bleibt auch die Erinnerung an ein großes Pontifikat und einen eben doch sehr großen Papst, der sich unablässig darum bemühte, klar zu machen, dass Vernunft und Glaube zusammen gehören.

Nun ist Papst Benedikt heimgegangen zu seinem und unserem Vater. In „Dogma und Verkündigung“ schrieb er, in Gottes Liebe gründe unsere Ewigkeit. „Wen Gott liebt, der vergeht nicht mehr. In ihm, in seinem Gedenken und Lieben lebt nicht nur ein Schatten unserer selbst fort, sondern in ihm, in seiner schöpferischen Liebe, sind wir selber in unserem Ganzen und Eigentlichen für immer bewahrt und unsterblich. Seine Liebe ist es, die uns unsterblich macht, und diese Unsterblichkeit gewährende Liebe, sie ist es die wir „Himmel“ nennen. Der Himmel ist so gar nichts anderes als eben dies, daß Gott groß genug ist, um auch für uns geringe Wesen Platz zu haben. Nichts von dem, was uns kostbar und wert ist, wird untergehen.“

Sein kostbares Vermächtnis wird auch bei uns Irdischen nicht untergehen.

Verehrter, lieber Papst Benedikt: Auf Wiedersehen im Himmel. Und Danke für Ihr ganzes Leben!

Ursula Zöller