Das Forum Deutscher Katholiken ist entsetzt über das Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende (GZSO) und die von Bundesgesundheitsminister Spahn und dem SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach propagierte Widerspruchslösung. Demnach soll jeder Bürger, der nicht Organspender werden will, in einem Register Widerspruch einlegen müssen. Damit wird der Mensch zu einem Organdepot degradiert.
Transplantationsbeauftragte werden durch das Gesetz, das Anfang April in Kraft treten soll, jetzt noch mehr zu Fahndern nach eventuellen Spendern. Sie erhalten „Zugangsrecht zu den Intensivstationen und sind hinzuzuziehen, wenn Patienten nach ärztlicher Beurteilung als Organspender in Betracht kommen“, ihnen sind „alle erforderlichen Informationen zur Auswertung des Spenderpotentials zur Verfügung zu stellen“, die „Entnahmekrankenhäuser“ – praktisch jedes Krankenhaus – werden besser als bisher vergütet. Gründe für eine nicht erfolgte Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls oder eine nicht erfolgte Meldung an die Koordinationsstelle werden intern erfasst und bewertet.
Auf Krankenhäuser und Ärzte wird also Druck ausgeübt, Patienten werden Angst davor haben, auf Intensivstationen zu landen.
Selbstverständlich wäre es eine wunderbare Tat großer Menschlichkeit und Nächstenliebe, könnte man mit den Organen toter Menschen vielen Patienten helfen, die auf eine Organspende warten. Aber der Organspender ist eben nicht tot, wenn ihm die Organe entnommen werden. Er muss bis zur Entnahme am Leben erhalten werden und wird erst durch die Entnahme getötet. Die vorausgesetzte Feststellung des Hirnfunktionsausfalls ist – ebenso wie etwa Fristen bei der Abtreibung – eine Definition, die man braucht, um handeln zu können. Warum zum Beispiel gibt man Organspendern – wie in einer Dokumentation im Fernsehen zu sehen war – vor einer Entnahme eine Schmerzspritze? Tote haben keine Schmerzen!
Warum wird die Selbstbestimmung über den eigenen Körper, die sonst so massiv gefordert wird, hier umgangen?
Viele Menschen würden durch die Widerspruchsregelung von Spahn und Lauterbach unfreiwillig zu „Spenderpotential“ herabgewürdigt werden, weil sie nicht wussten, dass sie widersprechen müssen oder es nicht konnten. Was geschieht beispielsweise mit alleinstehenden Demenzpatienten, die nicht rechtzeitig widersprochen haben? Sind sie dann etwa die begehrten Spender in ausreichender Zahl?
Eine obligatorische Fahndung nach Organspendern im Krankenhaus – der Gesundheitsminister spricht davon, „potentielle Organspender zu identifizieren“ – darf auch dann nicht geschehen, wenn man sehr gerne Kranken helfen möchte. Der Mensch, gerade auch der hilfloseste, ist viel mehr als die Summe seiner Organe.
Fulda, 31. März 2019
Für die Mitgliederversammlung
Prof. Dr. Hubert Gindert
Vorsitzender und Sprecher